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Weekly Market Update – Blick auf das Zinshoch

chi lo
By CHI LO 11.05.2023

In diesem Artikel

    Die großen Zentralbanken haben signalisiert, dass das Ende ihres Zinserhöhungszyklus näher rücken könnte. Die US-Notenbank (Fed) deutete an, möglicherweise zu pausieren, sagte dies aber nicht fest zu. Die Märkte scheinen zu glauben, dass die EZB auch nur ein oder zwei Schritte von einer Zinspause entfernt ist. Einige Marktteilnehmer rechnen bereits mit Zinssenkungen der Fed im zweiten Halbjahr. Dies ist unseres Erachtens möglicherweise zu früh, allerdings könnte ein Zinshoch in den USA nahe sein.   

    Die US-Regionalbanken stehen weiterhin stark unter Druck, wie die beständigen Verluste im S&P 500 Financials Index zeigen (Diagramm 1). Und dies obwohl der Fed-Vorsitzende Powell nach der Sitzung des US-Offenmarktausschusses in der letzten Woche versichert hatte, dass das US-Bankensystem „solide und widerstandsfähig“ sei.

    Die Erwartung der Investoren, dass die Fed schon bald die Zinsen senken könnte, beruht auf der Sorge, dass die bisherigen Probleme bei mittelgroßen Banken noch nicht das Ende der Fahnenstange sind und dem Sektor generell Gefahr drohen könnte. Es gibt aber noch keine Belege für systemische Risiken, weshalb die Fed auch noch keine Zinssenkungen zugesagt hat. Wir halten es für plausibler, dass die Zentralbank sich eher für eine „bedingte Pause“ entscheiden wird, statt die Zinsen direkt zu senken. Eine solche Pause könnte sich länger hinziehen, denn die Inflation sinkt nur langsam: In den letzten vier Monaten pendelte die Kerninflation zwischen 5,5% und 5,6%.

    Gute Absichten

    Die Turbulenzen im US-Bankensektor sind zum Teil das Ergebnis der Geldpolitik, die zwischen 2020 und 2022 infolge der Covid-19-Pandemie extrem locker war. Weil die staatlichen Hilfszahlungen während der Pandemie („Stimulus-Schecks“) gespart wurden, verzeichneten die Banken einen starken Zufluss von Einlagen. Die Banken wiederum investierten diese Mittel in sichere US-Staatsanleihen, die niedrig verzinst wurden. Doch nicht alle Banken sicherten dieses Zinsrisiko ordentlich ab, und als die Zinsen stiegen, sank der Wert ihrer Positionen in diesen Wertpapieren. 

    Kleinere Banken sind nun mit dem Abfluss von Einlagen konfrontiert, aber wir sollten anmerken, dass davon nur ein paar Regionalbanken besonders schwer betroffen sind – jene mit unversicherten Einlagen in beträchtlicher Höhe. Einige große Geschäftsbanken verzeichnen sogar einen Anstieg der Einlagen. Um neue Einlagegelder anzuziehen, müssen kleinere Banken ihren Kunden höhere Zinsen bieten. Um ihre Kapitalquoten zu verbessern, haben die Banken ihre Kreditvergabestandards verschärft, die infolge der sich verschlechternden Konjunkturaussichten ohnehin restriktiver werden. Es ist mit einer strengeren Regulierung zu rechnen. 

    Die letzte Kreditumfrage der Fed (US Senior Loan Officer Opinion Survey), die am 8. Mai veröffentlicht wurde, ergab erstmals seit dem 1. Quartal 2009 für alle Kreditkategorien eine schwächere Nachfrage und strengere Standards (Diagramm 2). Die geringere Kreditnachfrage wird zu der von der Fed angestrebten Konjunkturverlangsamung beitragen, deren Tempo und Ausmaß jedoch unklar sind. 

    In Europa ist das Bankensystem keinen vergleichbaren Belastungen ausgesetzt, obgleich die letzte Umfrage der EZB zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey) zeigte, dass die Kreditkonditionen im 1. Quartal 2023 massiv verschärft wurden und zugleich die Nettokreditnachfrage den stärksten Rückgang seit der globalen Finanzkrise von 2008 und 2009 erlitt.

    Noch nicht langsam genug

    Es gibt zwar Anzeichen einer Konjunkturverlangsamung, doch die Aktivität und die Inflation nehmen nicht schnell genug ab, um die Fed und die EZB zu einem Kurswechsel zu bewegen. Die neuesten Daten deuten darauf hin, dass die US-Inflation und der Arbeitsmarkt nach dem Geschmack der Fed noch zu erhitzt sind. Laut den Daten für April steigen in den USA der Kern- und der Gesamtverbraucherpreisindex (VPI) noch immer um etwa 5% zum Vorjahr, während die Wirtschaft mehr als eine halbe Million neue Stellen schafft, die Arbeitslosenquote beinahe auf historische Tiefstände sinkt und die Löhne um 4,4% zum Vorjahr steigen – schneller als im Monat zuvor.

    In Europa ergab die EZB-Unternehmensumfrage indes, dass sowohl die Produzenten als auch die Verbraucher die Belastungen durch die restriktiveren Kreditkonditionen spüren. Der Arbeitsmarkt in der Eurozone blieb dennoch stark. So ist die Arbeitslosenquote auf ein historisches Tief von 6,5% gesunken. Konjunkturfrühindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex (PMI) stiegen im April weiter auf 54,1. Dies deutet an, dass die Arbeitslosenquote die Talsohle möglicherweise noch nicht erreicht hat.

    So solide Zahlen stehen mit der Vorabschätzung zum BIP-Wachstum in der Eurozone von 0,3% zum Vorquartal im Einklang – gegenüber einem erwarteten stagnierenden oder sogar negativen Wachstum und einer Kerninflation, die im April beharrlich bei 5,6% zum Vorjahr lag.

    Bewegliche Ziele

    Die Einschätzung, dass die Zinsen eher früher als später gesenkt werden, wird voraussichtlich auf den Prüfstand kommen. Wie die „bedingte Pause“ der Bank of Canada würde auch eine Aussetzung der Zinserhöhungen durch die Fed davon abhängen, dass diese eine weitere spürbare Verlangsamung der Konjunktur und der Inflation feststellt.

    Dabei ist zu beachten, dass der Markt (und sogar die Fed) vor den Turbulenzen im US-Bankensektor davon ausging, dass das Zinshoch bei annähernd 6% liegen könnte. Diese Schätzung sank dann aber auf knapp über 5%. Die Volatilität der Rendite 2-jähriger US-Treasuries bildet ab, wie häufig sich die Erwartungen seit Jahresbeginn geändert haben.

    Wir rechnen nicht allzu bald mit einer Zinssenkung der Fed, obschon die Zinsen fast ihren Hochstand erreicht haben könnten. Die EZB ist nun restriktiver als die Fed, denn in Europa erweist sich die Kerninflation als hartnäckig. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Geldpolitik in Europa längere Zeit restriktiver bleiben wird als in den USA.

    Bei ansonsten gleichen Bedingungen könnte eine solche Divergenz der Geldpolitik bedeuten, dass der Euro stärker wird – aber auch, dass sich europäische Aktien schwächer entwickeln könnten als US-Aktien.

    Disclaimer

    Bitte beachten Sie, dass diese Artikel eine fachspezifische Sprache enthalten können. Aus diesem Grund können sie für Leser ohne berufliche Anlageerfahrung nicht geeignet sein. Alle hier geäußerten Ansichten sind die des Autors zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und basieren auf den verfügbaren Informationen, womit sie ohne vorherige Ankündigung geändert werden können. Die einzelnen Portfoliomanagementteams können unterschiedliche Ansichten vertreten und für verschiedene Kunden unterschiedliche Anlageentscheidungen treffen. Der Wert von Anlagen und ihrer Erträge können sowohl steigen als auch fallen und Anleger erhalten ihr Kapital möglicherweise nicht vollständig zurück. Investitionen in Schwellenländern oder spezialisierten oder beschränkten Sektoren können aufgrund eines hohen Konzentrationsgrads, einer größeren Unsicherheit, weil weniger Informationen verfügbar sind, einer geringeren Liquidität oder einer größeren Empfindlichkeit gegenüber Änderungen der Marktbedingungen (soziale, politische und wirtschaftliche Bedingungen) einer überdurchschnittlichen Volatilität unterliegen. Einige Schwellenländer bieten weniger Sicherheit als die meisten internationalen Industrieländer. Aus diesem Grund können Dienstleistungen für Portfoliotransaktionen, Liquidation und Konservierung im Namen von Fonds, die in Schwellenmärkten investiert sind, mit einem höheren Risiko verbunden sein.

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